- A. Die Entwicklung von CC als internationaler Standard
- B. Open-Paradigma
- C. Software
- D. Grundaussagen
- E. Geschichte der CCPL
- F. CC als Organisation, Global Network, Chapter
A. Die Entwicklung von CC als internationaler Standard
16 Wie alle „freien Lizenzen“ entwickelten sich die Creative Commons-Lizenzen aus dem Bedürfnis heraus, weitergehende Nutzungen von Inhalten zu ermöglichen, als es die gesetzlichen Erlaubnisse des Urheberrechts vorsehen.
17 Das moderne Urheberrecht geht davon aus, dass dem Schöpfer eines Werkes ein zeitlich befristetes Recht zustehen soll, allein über die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Nutzung zu entscheiden. Dieses auf „Kopienkontrolle“ basierende Monopolrecht hat sich zur Grundlage der Kreativwirtschaft entwickelt. Durch die Möglichkeit, über die Einräumung von Lizenzen Nutzungsrechte veräußern zu können, wird das Werk als Ausdruck menschlicher Kreativität zu einem handelbaren Wirtschaftsgut.
18 In den letzten Jahren wurde der Anwendungsbereich des Urheberrechts erheblich ausgeweitet: So wurden beispielsweise die Schutzfristen kontinuierlich verlängert – in Europa auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Zum anderen wurden die Voraussetzungen an die Schöpfungshöhe, also das Maß an Originalität, das eine persönliche geistige Schöpfung erfüllen muss, um überhaupt als Werk geschützt zu werden, beständig abgesenkt. Schließlich führen zahlreiche Leistungsschutzrechte dazu, dass ein vergleichbarer Schutz in bestimmten Fällen auch dort gilt, wo überhaupt keine Werke entstehen, weil es an dem dafür nötigen Maß an schöpferischem Handeln fehlt. Beispiele dafür sind die Rechte von Tonträgerherstellern, Presseverlegern, Filmproduzenten oder Datenbankherstellern.
19 Durch die Digitalisierung wurde das Urheberrecht noch wichtiger und zur zentralen rechtlichen Grundlage der Informationsgesellschaft. Im digitalen Raum wird jede Nutzung technisch zu einer Kopie, zumindest im Arbeitsspeicher eines Computers. Und alles, was eine Kopie ist, ist urheberrechtlich relevant.
20 Urheberrechte sind auf Zeit verliehene Ausschließlichkeitsrechte: Sie erlauben ihren Inhabern, selbst über die Verwertung zu bestimmen und andere von der Verwertung auszuschließen. Dieser Grundsatz ist eine Wertung des Gesetzgebers, die die Grundlage zur wirtschaftlichen Verwertung von Kreativität gelegt hat. Gleichzeitig enthält das Urheberrecht einige Bestimmungen, durch die dieses Monopolrecht mit anderen Interessen in Ausgleich gebracht werden soll: gesetzlichen Erlaubnisse, auch als Schranken bezeichnet, weil sie das absolute Monopolrecht des Urheberrechts einschränken. Des Weiteren gelten diese Ausschließlichkeitsrechte nur zeitlich befristet.
B. Open-Paradigma
21 Die Grundregel des Urheberrechts, dass Inhalte nur mit ausdrücklicher Erlaubnis der Urheberin oder der Rechteinhaber genutzt werden dürfen, wird im digitalen Zeitalter zunehmend schwieriger, aber auch grundsätzlich in Frage gestellt oder durch andere Regelungen überlagert. Digitale Inhalte lassen sich einfacher verbreiten und nutzen als je zuvor. Daraus hat sich eine wichtige Strömung entwickelt, die sich am Paradigma eines freien Zugangs sowie der freien Nutzbarkeit orientiert. Dieses Prinzip hat vor allem in den Bereichen Software, Wissenschaft, Bildung und Kultur an Bedeutung gewonnen. Um die Ziele des Open-Paradigma zu erreichen, wird die urheberrechtliche Gestaltungsmöglichkeit genutzt, mittels Lizenzen die Nutzungsmöglichkeiten zu erweitern.
C. Software
22 Sehr früh entwickelte sich im Bereich der Software, die ebenfalls dem Immaterialgüterrecht und damit dem Grundgedanken unterlag, dass eine Verbreitung und Veränderung nur mit Zustimmung des Rechteinhabers zulässig sei, die Idee, durch entsprechende Lizenzen abzusichern, dass der Quellcode von Software jedem zur Verfügung steht und beliebig verändert werden darf. Denn Softwareentwickler wollten nicht jedes Mal von Neuem beginnen, wenn sie eine Software schrieben, sondern auf dem aufbauen, was andere bereits entwickelt hatten. Zur Absicherung dieses Prinzips wurde 1989 die „GNU General Public License“ (GNU GPL) entwickelt, die erste freie Softwarelizenz, die es Nutzern erlaubte, die Software zu verwenden, zu studieren, zu teilen und zu verändern. „Open Source“, also „offener, freier Quellcode“ etablierte sich in den folgenden Jahren als Prinzip im Softwaremarkt, getrieben insbesondere durch das Betriebssystem Linux. Heute basieren ganze Märkte auf der Entwicklung, Wartung, Individualisierung und Vermarktung von Open-Source-Software. Sie ist – global gesehen – weiter verbreitet als proprietäre Software, deren Nutzung einzeln lizenziert werden muss. Denn im Bereich der Server sowie insgesamt der professionellen Software, etwa zur Steuerung, dominiert Open-Source-Software deutlich. Auch bei mobilen Devices hat sich mit Android ein Betriebssystem auf Open-Source-Basis durchgesetzt.
I. Wissenschaft
23 Die Wissenschaft erkannte früh die Chancen des Internets und die Vorteile eines freien Wissensaustauschs. Dies hängt auch damit zusammen, dass Offenheit und Falsifizierbarkeit von Erkenntnissen zu den konstitutiven Grundprinzipien der Wissenschaft gehören und diese weit älter als das Urheberrecht sind. Wissenschaftliche Publikationen sollten daher grundsätzlich frei nachnutzbar sein und außerhalb der Verwertungslogiken des Urheberrechts stehen. Dies ließe sich aber nur durch eine umfassende Bereichsausnahme aus dem Urheberrecht verlässlich sicherstellen, wie sie für amtliche Werke in § 5 UrhG vorgesehen ist. Eine solche Bereichsausnahme würde dauerhaft sicherstellen, dass wissenschaftliche Publikationen nicht den Restriktionen der urheberrechtlichen Verwertungslogik unterliegen, und damit frei zugänglich und nachnutzbar bleiben, und die Abhängigkeit der Wissenschaft von urheberrechtlichen Verwertungsinteressen auflösen. Dies setzt ein Tätigwerden des Gesetzgebers voraus. Nationale Alleingänge werden jedoch durch europäische Vorgaben und internationale Verträge verhindert, sodass eine europa- oder sogar weltweit koordinierte Reform notwendig wäre.
24 Solange das Urheberrecht und Exklusivrechte standardmäßig auch für Wissenschaft und wissenschaftliche Erkenntnisse gelten, müssen Wissenschaftlerinnen diese durch freie Lizenzen aktiv aus dieser restriktiven Logik befreien. Erst durch freie Lizenzierung kommen die Grundprinzipien der Wissenschaft – Offenheit, Nachprüfbarkeit und Nachnutzbarkeit – voll zur Geltung. Im Ergebnis könnte die Aufrechterhaltung des Status quo durch Unterlassung der freien Lizenzierung wissenschaftlicher Beiträge daher als Verstoß gegen die (allerdings rechtlich nicht durchsetzbaren) Regeln der „Guten Wissenschaftlichen Praxis“ (GWP) interpretiert werden. Wissenschaftler sollten sich auch ethisch verpflichtet fühlen, der Allgemeinheit (und damit auch anderen Wissenschaftlerinnen als Teilmenge davon) umfassende Nutzungsmöglichkeiten einzuräumen, da wissenschaftliche Erkenntnisse und Publikationen im Gegensatz zu kommerziellen Produkten, die von freiberuflichen Urhebern zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes geschaffen werden, in der Regel im Rahmen einer befristeten oder unbefristeten, ggf. auch verbeamteten Tätigkeit entstehen und damit von der Allgemeinheit finanziert werden.
25 Der Anspruch auf freie Verfügbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse und Publikationen und die Möglichkeiten, diesem Anspruch durch die CC-Lizenzierung gerecht zu werden, sind in der Wissenschaft weithin anerkannt. Auch wenn unter Anwendung urheberrechtlicher Verwertungslogiken publizierten Beiträgen nicht per se die Wissenschaftlichkeit abgesprochen werden kann, so ist die Abhängigkeit der Wissenschaft von profitorientierten Verlagen jedenfalls selbstverschuldet. Nur eine selbstbewusste und mündige Entscheidung jeder einzelnen Wissenschaftlerin und jedes einzelnen Wissenschaftlers kann dazu beitragen, dass sich die Wissenschaft aus dieser Abhängigkeit befreit; die vorliegende Publikation soll einen Beitrag dazu leisten, sie dazu umfassend zu befähigen.
26 Jenseits der Rechtswissenschaften wird das Verhältnis von Urheberrecht und Wissenschaftsfreiheit kaum grundsätzlich diskutiert, sondern man beschränkt sich darauf, freien Zugang und freie Nutzbarkeit als wünschenswertes Ideal für die Wissenschaft zu fordern.
27 Bereits im Jahr 2002 formulierte die Budapest Open Access Initiative (BOAI):
„Open access meint, dass […] Literatur kostenfrei und öffentlich im Internet zugänglich sein sollte, so dass Interessierte die Volltexte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise benutzen können, ohne finanzielle, gesetzliche oder technische Barrieren jenseits von denen, die mit dem Internet-Zugang selbst verbunden sind. In allen Fragen des Wiederabdrucks und der Verteilung und in allen Fragen des Copyright überhaupt sollte die einzige Einschränkung darin bestehen, den jeweiligen Autorinnen und Autoren Kontrolle über ihre Arbeit zu belassen und deren Recht zu sichern, dass ihre Arbeit angemessen anerkannt und zitiert wird.“
28 In der Berliner Erklärung
II. Bildung
29 In der Bildung wird das Open-Paradigma unter dem Begriff der „Open Educational Resources“ (OER) diskutiert. OER umfasst frei lizenzierte Lehrmaterialien, die uneingeschränkt genutzt, verändert und an spezifische Bildungskontexte angepasst werden können.
30 Das Konzept der OER wird insbesondere durch die UNESCO gefördert, die darin auch eine Möglichkeit sieht, weltweit Bildung zu ermöglichen und so Entwicklung und Wohlstand zu fördern.
31 In der Cape Town Declaration wurden im Jahr 2008 erstmals Lehrende und Lernende dazu aufgerufen, sich frei lizenzierter Inhalte zu bedienen. Dieses Anliegen wurde 2012 auf dem ersten UNESCO-Weltkongress zu OER in der Pariser Erklärung
32 In Deutschland wurden und werden OER durch zahlreiche Projekte auf Landes- und Bundesebene gefördert. Seit 2016 gibt es mit OERinfo ein öffentlich gefördertes, themenspezifisches Online-Portal, das sowohl fachliche Zielgruppen als auch die allgemeine Öffentlichkeit über dieses Thema informiert.
III. Kultur
33 Auch in der Kultur gewinnt das Open-Paradigma zunehmend an Bedeutung. Dies erscheint überraschend, da das Urheberrecht traditionell auf die Kontrolle und Einschränkung von Nutzungsmöglichkeiten setzt, um die Verwertung kreativer Leistungen zu sichern. Zu unterscheiden ist bei der Bedeutung des Open-Paradigmas zwischen Kulturschaffen und Verwertung auf der einen und Kulturpflege auf der anderen Seite. Ersteres meint die Entstehung von Kunst und Kultur, das andere das Sammeln und die Erhaltung kultureller Erzeugnisse, damit diese im öffentlichen Bewusstsein erhalten bleiben.
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Beim professionellen Kulturschaffen und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Verwertung dominiert das Konzept der Vergütungsansprüche für jede Nutzung. Entsprechend selten kommt es daher in diesem Bereich zum Einsatz freier Lizenzen. Vereinzelt kommt dies in Konstellationen vor, die nicht den üblichen Verwertungslogiken entsprechen. Ein Beispiel dafür wäre der – wenn auch zögerliche und restriktive – Einsatz von Creative Commons-Lizenzen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (bekanntes Beispiel hierfür sind Terra-XPlain-Videos
35 ie Kulturpflege steht hingegen meist in einem Spannungsverhältnis zu den Wertungen des Urheberrechts, das auf Verwertung konzipiert ist. Aus diesem Grunde enthält das Urheberrecht auch einige besondere Bestimmungen für Museen, Archive und Bibliotheken, die in bestimmten Fallgestaltungen dieses Spannungsverhältnis auflösen, insbesondere die §§ 60e – 61 g UrhG. Doch der Grundkonflikt bleibt bestehen. Während die Verwertung kultureller Werke auf Zugangskontrolle und Einschränkung basiert, verfolgt die Kulturpflege das Ziel, kulturelle Erzeugnisse vor dem Vergessen zu bewahren und ihre Nutzung zu fördern. Insofern ergibt sich schon aus ihrer Zielsetzung eine Nähe der öffentlich geförderten Institutionen der Kulturpflege wie Museen, Archive und Bibliotheken zum Open Paradigma. Ihre Arbeit fängt vielfach erst dort an, wo die kommerziell betriebene Verwertung der Zeugnisse kreativen Schaffens sich nicht mehr rechnet.
36 Angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen – wirtschaftliche Verwertung bei der Kulturwirtschaft einerseits und möglichst weite gesellschaftliche Wirkung und Aufmerksamkeit bei öffentlichen Kulturinstitutionen andererseits – ist auch eine sehr unterschiedliche Haltung zum Open-Paradigma zu erklären. In der Kulturwirtschaft spielt das Paradigma nur dort eine Rolle, wo neue Geschäftsmodelle nicht auf eine Kontrolle, Verknappung oder gebührenpflichtige Nutzung setzen. Kulturerbe-Einrichtungen hingegen fühlen sich hingegen vielfach dem Open Paradigma verpflichtet und nutzen deshalb auch Creative Commons Lizenzen, wo dies möglich ist.
D. Grundaussagen
I. CCPL
37 Bei den CC-Lizenzen handelt es sich um Standardlizenzverträge, die unter unterschiedlichen Bedingungen in sechs Varianten eine umfassende Nutzungsfreigabe von urheberrechtlich geschützten Materialien ermöglichen. Die Lizenz (genauer: das Lizenzangebot) bei CC-lizenzierten Materialien richtet sich an eine weltweite Öffentlichkeit. Die CC-Lizenzen schaffen einen Mittelweg zwischen dem Ausgangsfall des urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechts und einer bedingungslosen Freigabe von Materialien, die den Status der Gemeinfreiheit erzeugt oder ihm nahekommt.
38 Die CC-Lizenzen gestatten als Urheberrechtslizenz die urheberrechtlich relevante Nutzung allein solcher Inhalte, soweit sie überhaupt unter den Schutz des Urheberrechts fallen. Gleichzeitig schränken sie die gesetzlich bereits erlaubte Nutzung nicht ein.
39 Die Nutzungsrechte bei einer CC-Lizenzierung werden kostenlos eingeräumt. Sie erlauben die Verwendung in jedem Medium – online wie offline, unkörperlich wie körperlich – sowie für bekannte wie unbekannte (zukünftige) Nutzungsarten. Die CC-Lizenzierung erlaubt also von der Online-Weitergabe über das Abdrucken, Verbreiten oder Data-Mining sämtliche Nutzungshandlungen (zu den lizenzierten Rechten eingehend siehe Abschnitt 2.a). Zeitlich und räumlich regeln alle sechs Lizenzvarianten unbegrenzte Nutzungsrechte – also bis zum Erlöschen des Urheber- oder Leistungsschutzrechts und weltweit.
40 Es existieren die vier Lizenzmodule BY, NC, ND und SA. Die Module differenzieren nach
· der kommerziellen Nutzung, die gestattet oder vorbehalten ist, im letzteren Fall unter Verwendung des Lizenzmoduls NC – Non Commercial;
· dem Recht zur Veröffentlichung und Weitergabe von eigenen Bearbeitungen des Werks durch den Lizenznehmer, das eingeräumt oder vorbehalten ist, im letzteren Fall unter Verwendung des Lizenzmoduls ND – No Derivatives; und
· der Pflicht, dass Lizenznehmer etwaig von ihnen angefertigte Bearbeitungen bei deren Weitergabe ebenfalls frei lizenzieren müssen, sofern das Lizenzmodul SA – Share Alike verwendet wird.
41 Allen CC-Lizenzvarianten gemein ist die Pflicht zur durch den Lizenzgeber vorgegebenen Namensnennung und Angabe der Lizenz bei der Weitergabe des Materials (BY-Attribution). Die Module lassen sich kombinieren und ergeben so sechs mögliche Lizenzvarianten BY, BY-SA, BY-NC, BY-ND, BY-NC-ND und BY-NC-SA. Die Lizenzmodule ND und SA können nicht kombiniert werden, denn SA regelt die verpflichtende Freigabe von bearbeiteten Werken bei deren Weitergabe, während ND das Veröffentlichen von Bearbeitungen ja gerade ausschließt.
42 Die CC-Lizenzen sollen ermöglichen, dass lizenzierte Materialien einfach, ohne Rechtsexpertise und ohne die Notwendigkeit individueller Aushandlung genutzt werden können. Zugleich sollte die CC-Lizenzierung auf einem Lizenzvertrag basieren, der juristisch fundiert und exakt ist und der die Bedingungen der Nutzungen transparent formuliert. Juristische Fundiertheit, Einfachheit und die Erkennbarkeit für technische Systeme setzt das Lizenzdesign der CC-Lizenzen mit ihrem Dreischichtenmodell um:
1. Juristische Ausführung (Legal Code): Es handelt sich hierbei um den Lizenzvertrag (die Creative Commons Public License, kurz CCPL), der Gegenstand der vorliegenden Kommentierung ist. Auf den Lizenztext muss bei der Weitergabe des Materials in geeigneter Weise hingewiesen werden (hierzu Abschnitt 3).
2. Allgemeinverständliche Ausführung (Commons Deed): Die allgemeinverständliche Ausführung der CC-Lizenz wird mit den Piktogrammen (Icons) und den Kurzbegriffen der Lizenz und deren Abkürzung (BY, NC, ND, SA) umgesetzt. Die wichtigsten Bedingungen der Lizenz, also ihre Appelle (Beispiel „keine kommerzielle Nutzung“ mit einem durchgestrichenen Dollar-Zeichen) sollen durch einfache Symbolsprache beim Publikum zum Ausdruck gebracht werden.
3. Maschinenlesbare Ausführung (Digital Code): Die CC-Lizenzen waren von vornherein auf den Online-Einsatz ausgelegt. Daher wurde die Möglichkeit geschaffen, die CC-Lizenzierung maschinenlesbar zu gestalten. Suchmaschinen oder andere Technologien können auf diese Weise „verstehen“, dass beispielsweise ein Bild CC-lizenziert oder ein wissenschaftlicher Aufsatz unter CC-Lizenz und damit unter Open-Access-Bedingungen publiziert ist. Hierfür kann die Lizenz maschinenlesbar mit einem HTML-Code angebracht werden, den der License-Chooser bei der Lizenzwahl ausgibt.
II. CC0
43 Mithilfe der Freigabeerklärung CC0 (gesprochen „CC zero“) können urheberrechtlich geschützte Materialien ohne jegliche Bedingung freigegeben werden. Die Nutzung ist dann ohne verpflichtende Namensnennung oder Lizenzhinweise möglich. CC0 enthält zum einen eine Verzichtserklärung im Hinblick auf die am Material bestehenden Schutzrechte, zum anderen eine bedingungslose Lizenz („fallback license“). Letztere kommt zur Anwendung, sofern auf Urheberrechte nicht vollständig verzichtet werden kann, insbesondere in Deutschland. CC0 ist in diesem Buch ebenfalls umfassend kommentiert.
III. Public Domain Mark (PDM)
44 Um keine Lizenz, sondern um eine bloße Kennzeichnung und Teil des CC-Instrumentariums handelt es sich bei der Public Domain Mark (PDM). Die PDM kann die Nutzung von gemeinfreien Werken erleichtern, indem mit ihr gekennzeichnete Inhalte besser als gemeinfrei erkannt werden können und ihr Status als gemeinfrei zumindest in unverbindlicher Weise bestätigt wird. Denn auch wenn für die Nutzung gemeinfreier Inhalte keine Erlaubnis notwendig ist, scheitert sie häufig daran, dass der Status der Gemeinfreiheit von Werken unbekannt oder unklar ist. Mit der leichten Verständlichkeit durch das Piktogramm der PDM sowie der Maschinenlesbarkeit der Kennzeichnung nutzt auch die PDM die bei den CC-Lizenzen bewährten Schichten, ohne dass hier ein Vertragstext erforderlich wäre. Die „Gewähr“, die der oder die Markierende übernimmt, gereicht zugleich nicht für die Begründung einer echten Haftung.
E. Geschichte der CCPL
I. Gesetzgebung als Initialzündung
45 Die Geschichte von Creative Commons als Konzept und Organisation begann um das Jahr 2001 mit einem Verfassungsrechtsstreit in den USA. Der US-Kongress hatte im Jahre 1998 das fünfte Gesetz zur Verlängerung der Laufzeit von Urheberrechten verabschiedet, den Copyright Term Extension Act (CTEA) of 1998, auch bekannt unter dem Namen des ihn einbringenden Kongressabgeordneten als Sonny Bono Act. Durch das Gesetz wurden noch laufende Schutzfristen um zwanzig Jahre verlängert, was die Schutzdauer für die meisten Werke im US-Recht auf siebzig Jahre nach Tod des bzw. der letztlebenden schöpferisch Beteiligten brachte. Für unveröffentlichte Werke von Unternehmen wurde die Schutzfrist auf 120 Jahre ab Entstehung des Werkes verlängert, für veröffentlichte auf 95 Jahre ab Veröffentlichung. Besonders der Disney-Konzern, der durch Lobbyarbeit die Verlängerung der Schutzfristen vorantrieb, profitierte von dem Gesetz. Ohne die Änderungen wären erste Werke mit Mickey Mouse, veröffentlicht 1928, ab 1999 gemeinfrei geworden. Kritiker nannten das Gesetz deshalb spöttisch „Mickey Mouse Protection Act“.
46 Vor der Verabschiedung des Gesetzes hatten verschiedene Akteure aus dem Umfeld des damals aufkommenden Internets darauf vorbereitet, bald gemeinfreie Werke online zugänglich zu machen – ein Vorhaben, das damals mit im Vergleich zu heute hohen Investitionskosten verbunden war. Als nun durch den CTEA diese Möglichkeit um zwei volle Jahrzehnte in die Zukunft verschoben wurde, legte einer von ihnen, Eric Eldred, Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz ein, stellvertretend für alle, die auf ein Freiwerden der Werke gewartet hatten.
II. Version 1.0 – Namensnennung noch optional
47 Ein flexibles rechtliches Werkzeug sollte her, um vor dem Hintergrund immer weiter verschärfter Durchsetzungsmechanismen immer länger laufender absoluter Schutzrechte denjenigen Handlungsmacht zu verschaffen, die selbstbestimmt etwas anderes für ihre eigenen Werke wollten als den urheberrechtlichen Normalfall des Totalverbots „Alle Rechte vorbehalten”. In ausdrücklicher Anlehnung an die Ansätze von Freier Software, bei der seit den 1980er Jahren mithilfe von an die Allgemeinheit gerichteten standardisierten Lizenzen („Public Licenses“) die sehr starken immaterialgüterrechtlichen Rechtspositionen von Urheberrecht und verwandten Schutzrechten gleichsam als Hebel eingesetzt werden, um das genaue Gegenteil von Verboten und Verknappung zu erreichen – nämlich umfassende Erlaubnisse zur Nutzung, Veränderung und Weitergabe (siehe auch „Copyleft“-Prinzip) – entwickelten Molly Shaffer Van Houweling, Glenn Otis Brown, Neeru Paharia, Ben Adida und Lawrence Lessig gemeinsam eine Reihe von Standardlizenzverträgen. Diese waren schon in ihrer ersten Version modular aufgebaut, bestanden also aus unterschiedlich kombinierten, ansonsten weitgehend gleichlautenden Klauseln, und sollten von Umfang und Sprache her von juristischen Laien verstanden und für eigene Zwecke eingesetzt werden können.
48 Das erste Lizenzen-Set der Version 1.0 wurde am 16. Dezember 2002 offiziell vorgestellt. Es wies die heute noch verwendeten vier zentralen Module BY, NC, ND und SA (siehe oben Rn. 25) auf, was schon damals in Kombination die in allen Folgeversionen zu findenden sechs unterschiedlichen Lizenzvarianten ergab, seinerzeit aber zusätzlich noch fünf weitere, bei denen jeweils das Bedingungsmodul der Namensnennung fehlte.
49 Dem Konzept eines einfachen, vergütungsfreien Nutzungsrechts an „jedermann“, wie es im Bereich der Open-Source-Software bereits verbreitet war, hatte der deutsche Gesetzgeber mit Einführung der sogenannten Linux-Klausel des § 32 Abs. 3 S. 3 UrhG bereits im März 2002 Rechnung getragen.
III. Version 2.0 – Klarstellungen, Haftungsausschluss und Portierungsansatz
50 Da es von einer wachsenden Community dieses auf Partizipation angelegten Lizenzierungskonzepts zahlreiche Rückmeldungen und Verbesserungsvorschläge zum Praxiseinsatz gab, folgte bald die Überarbeitung und Neuformulierung der Lizenzen, deren Versionierung von Anfang an geplant war.
51 Nach intensiven Diskussionen und einiger Integrationsarbeit konnte am 25. Mai 2004 die Version 2.0 vorgestellt werden. In ihr waren nun die Lizenzvarianten ohne Namensnennungsbedingung (BY) nicht mehr vorhanden, da diese zuvor nur im unteren einstelligen Prozentbereich ausgewählt worden waren. Die Lizenztexte wurden dahingehend präzisiert, dass Namensnennungen nun einfacher über Links erfolgen konnten und spezifische Regelungen für Synchronisations- und Musikrechte in den verschiedenen Lizenzvarianten eingeführt wurden. Die dritte größere Neuerung war ein nun ausdrücklicher Haftungsausschluss seitens der Lizenzgeber.
52 Schon kurz nach der Vorstellung der Version 1.0 war mit dem Tochterprojekt iCommons eine Plattform geschaffen worden, die internationale Vernetzung rund um Open Content ermöglichen und so dem Umstand Rechnung tragen sollte, dass das Internet als Medium, auf das sich der CC-Ansatz stützte und bezog, seinerseits nationale Grenzen überbrückt. Zugleich gab (und gibt) es einen wichtigen Unterschied zur Welt der Freien Software, aus der die Inspiration für den CC-Ansatz stammte: Der CC-Ansatz nahm und nimmt alle Werkarten in den Blick und damit gerade auch die klassischen, zu denen weltweit betrachtet eine Landschaft unterschiedlicher Urheberrechtstraditionen vorzufinden war. Zwar gab es auch deutliche Mechanismen zur Koordinierung bzw. Konvergenz, nicht nur in Form der RBÜ und der IP-Kapitel internationaler Handelsabkommen usw., sondern auch – getrieben ebenfalls durch die Digitalisierung – in Form konvergierender sozialer Normen und sich ausbreitender Online-Geschäftspraktiken.
53 Dennoch hielt die Gründungsgeneration des CC-Ansatzes es für opportun, es nicht einfach bei einem einheitlichen, auf Englisch abgefassten und von der US-Copyright-Rechtslage geformten Werkzeug zu belassen. Vielmehr sollte eine Art weltweiter „Harmonisierung von unten“ versucht werden:
54 Für die global unterschiedlich ausgestalteten Urheberrechtssysteme sollten jeweils funktional angepasste Fassungen der CC-Lizenzen entworfen werden, die sogenannten Portierungen, die untereinander kompatibel sein und nach der jeweiligen nationalen Rechtsordnung zu einem möglichst mit allen anderen nationalen identischen Erlaubnisbestand für die Nutzenden führen sollten. Wo also die ursprünglichen, US-Recht aufgreifenden Lizenztexte – etwa in Japan – aufgrund dortiger gesetzlicher oder anderweitig rechtstraditioneller Eigenheiten teilweise unwirksam wären und somit einen im Zweifel geringeren Erlaubnisbestand bewirken würden, sollte eine für das japanische Immaterialgüterrecht angepasste Portierung die dortigen Besonderheiten so aufgreifen, dass am Ende möglichst der identische Erlaubnisbestand entstünde. Gestartet wurde dieses weltweite Unterfangen der Portierungen mit Version 2.0, und es war nicht nur einzigartig in der Open-Content-Welt (in der die eigentlichen Vertragstexte von GPL, GFDL und anderen Standardlizenzen sonst allenfalls informatorisch in andere Sprachen übersetzt, nicht aber inhaltlich angepasst wurden), sondern ließ zudem ein weltweites Netzwerk in die Portierungen involvierter Juristinnen und Juristen entstehen, das bis heute fortbesteht.
55 Version 2.5 unterscheidet sich von den Vorversionen materiell einzig dadurch, dass die Möglichkeit aufgenommen wurde, das lizenzierte Material im Rahmen der Namensnennungspflicht einer Person, Gruppe, Organisation oder sonstigen Entität zuzuschreiben (mehr dazu im Kommentierungsteil unter Abschnitt 3 Rn. 27^ff.).
IV. Version 3.0 – Stärkere internationale Öffnung, Standardwerkzeug für Wikipedia
56 Der mit Version 2.0 bereits eingeschlagene Weg in Richtung eines weltweit funktionierenden rechtlichen Werkzeugs traf bereits Anfang 2005, also keine drei Jahre nach Version 1.0, mit weiteren Umständen zusammen: Mit dem verstärkten Aufgreifen der CCPL durch reichweitenstarke Plattformen wie Flickr und dem Wunsch vieler, auch für die stark an Bedeutung gewinnende Wikipedia die Lösung des dortigen Lizenz-Provisoriums zu liefern. Die dort seinerzeit einzig verwendete GNU Free Documentation License ist stark auf Softwaredokumentation und auf Text als Lizenzmaterial ausgelegt, und wurde schon von Beginn des Projekts Wikipedia an als Notlösung betrachtet, die für die weiteren in der Enzyklopädie vorkommenden Materialien – wie insbesondere Bilder – nicht ideal sein würde.
57 Dass die Versionen 2.0 und 2.5 noch nicht der Weisheit letzten Schluss repräsentierten, war zur selben Zeit eine verbreitete Ansicht, auch bei Creative Commons selbst, weshalb sehr offen Vorschläge zur weiteren Versionierung diskutiert wurden. Der Start der öffentlichen Diskussion einer Version 3.0 wurde im August 2006 verkündet.
58 Was die Lizenzen selbst angeht, wurde der Ansatz, diese für möglichst viele Rechtsordnungen zu „portieren“, mit Version 3.0 noch konsequenter verfolgt. Um dies auszudrücken, wurden die englischsprachigen Fassungen von „Generic“ in „Unported“ umbenannt. Inhaltlich wurde die Struktur der Vorversionen zwar weitgehend beibehalten, es wurden aber mehrere textliche Erweiterungen vorgenommen. Das reichte von kleineren Anpassungen wie dem Wechsel weg vom Begriff „Derivatives“ hin zu „Adaptations“ (deren Definition nun auch ausdrücklich den Aspekt aufgriff, dass das vorbestehende Material im abgeleiteten noch erkennbar sein muss, um als Bearbeitung zu gelten) bis zu umfangreich ausgebauten Definitionen der urheberrechtlichen Kernbegriffe Verbreitung und öffentliche Wiedergabe. Gerade letztere Ergänzungen brachten die CCPL näher an die Formulierungsweisen herkömmlicher urheberrechtlicher Vertragswerke mit ihren langen Aufzählungen heran. Ebenfalls erst Version 3.0 enthält eine Pflicht, auf vorgenommene Änderungen am Ausgangsmaterial beschreibend hinzuweisen.
59 Die weitreichendsten Änderungen der Version 3.0 jedoch betreffen drei Aspekte: Erstens die ausdrückliche Einbeziehung von Leistungsschutzberechtigten und insbesondere ausübenden Künstlern in die Definition „Original Author“ und korrespondierend ihrer Schutzgegenstände in die potenziellen Lizenzgegenstände der CCPL (Definition „Work“), zweitens eine ausführliche Regelung des Verhältnisses zu Zwangslizenzen, gesetzlichen Vergütungsansprüchen und sonstigen Arrangements kollektiver Rechteverwertung sowie drittens – allerdings nur in bestimmten Portierungen – einen umfassenden Verzicht auf Datenbankherstellerrechte. Letztere Neuerung war Ergebnis heftiger Auseinandersetzungen zwischen den vom US-Rechtsverständnis Geprägten und jenen, die eher aus den europäischen Rechtstraditionen kamen. Insoweit waren diese Debatten Beleg dafür, dass die Internationalisierung griff. Ihr Ergebnis aber, also der ausdrückliche Rechtsverzicht in Portierungen, in deren Rechtsordnungen Sui-generis-Datenbankherstellerschutz besteht, führte zu einem jahrelangen Schisma. Dann wandten sich in der Folge die Open-Data-Communitys teilweise und die Community der offenen Kartendaten komplett vom Mainstream des Open-Content-Licensing ab und begannen, eigene Lizenzmodelle zu entwickeln. Dieses Schisma aufzuheben, war eine der Zielsetzungen der späteren Versionierung auf 4.0. Man kann daher sagen, dass bei Vorstellung der Version 3.0 der Anlass für ihre spätere Ablösung bereits gesetzt war.
60 Zunächst aber trat die verbesserte Version 3.0 einen Siegeszug als Freigabewerkzeug an, auch als neue bevorzugte Lizenz der Wikipedia und ihrer Schwesterprojekte. Die CCPL wurde in dieser Zeit zum De-facto-Standard weltweit – mit Ausnahme der Welt der Freien und Open-Source-Software, die Creative Commons weiterhin auch selbst als separaten Kosmos beschrieb, und neu hinzukommend mit Ausnahme der Welt von Open Data und Kartendaten. Und mit dem international immer relevanter werdenden Einsatz der CCPL trafen die verschiedenen CC-Communitys nun immer stärker auf die Interessenvertretungen etablierter Verwertungsindustrien, auch medial und politisch. Akteure wie die Verwertungsgesellschaften verstanden nun, dass hier ein Regelungsmodell auf den Plan trat, das sich keineswegs nur an Laienkreative richtete. Letztlich gelangte so die Idee des selbstbestimmteren Umgangs mit eigenen Rechten bis in den gesetzgeberischen Fokus auf EU-Ebene, was u.^a. Jahre später in einem Formelkompromiss der Verwertungsgesellschaften-Richtlinie mündete, dem zufolge Mitglieder solcher kollektiver Wahrnehmungsorganisationen die Möglichkeit haben müssen, die nicht-kommerzielle Nutzung ihrer Werke der Allgemeinheit freizugeben.
Ganz im Sinne des Portierungsansatzes rückte zudem in den Blick, dass zwischenstaatliche Organisationen in einem ein Stück weit eigenständigen Rechtsraum agieren. Für sie entwickelte Creative Commons noch eine eigene Portierung unter der Bezeichnung „IGO“ (Intergovernmental Organizations), die allerdings unter Version 4.0 nicht fortgeführt wurde, aber als Bestandteil in die generische Version 4.0 aufgenommen wurde (siehe Abschnitt 8.d).
V. Version 4.0 – Abgestimmter internationaler Ansatz, Aufgabe der Portierungen
61 Die Version 3.0 der CCPL, vorgestellt am 23.02.2007, hatte große Dynamiken in Gang gesetzt, nicht nur in Form von immer weiter zunehmender Verwendung weltweit einschließlich der Wikipedia-Umstellung. Sie hatte auch zu Friktionen zwischen den Aktiven der CC-Welt und anderen Open-Content-Strömungen geführt. Besonders bei den Open-Data-Aktiven, allen voran in der OpenStreetMap-Community, gab es teils heftige Reaktionen auf die Art und Weise, wie das Datenbankherstellerrecht in jenen CC-Portierungen gehandhabt wurde, in deren Rechtsordnungen es ein solches Recht gab, also zuallererst in denen für EU-Mitgliedstaaten einschließlich Deutschland.
62 Argumentiert wurde, dass das Datenbankherstellerrecht im Open-Data-Kontext oft genug das einzige sicher bestehende absolute Schutzrecht an den freizugebenden Inhalten sei und die CC-Lizenzen durch systematische Aufgabe gerade dieses Rechts den zentralen Ankerpunkt für Open-Content-Freigaben entfernen würden. Sie seien somit für lizenzbasierte Freigaben allgemein und Copyleft-Mechaniken im Besonderen nicht mehr tauglich. Den Höhepunkt dieses Streits stellte die Entwicklung mehrerer neuer Lizenzwerkzeuge durch Open-Data-Aktive mit Unterstützung durch die Open Knowledge Foundation dar, nämlich der Open Data Commons Open Database License (ODbL)
63 Trotz der nominellen bzw. formellen Kompatibilität aller CC-Portierungen mit allen anderen konnten so durchaus materielle Inkompatibilitäten vorkommen und das angesichts der zuletzt 39 Portierungen und der möglichen Kombinationen in einer geradezu astronomischen Anzahl potenzieller Konstellationen. Dieser Effekt war zwar vorhergesehen worden, als die Entscheidung zugunsten des Portierungsansatzes fiel, aber er wurde seinerzeit als eher akademisches Problem eingeschätzt, was wohl als korrekte Einschätzung zu gelten hat, da die materiellen Inkompatibilitäten zu keinen bekannten Streitfällen in der Praxis geführt haben. Als tatsächlich solche Inkompatibilitäten auftauchten und diskutiert wurden, gab es zwei Lösungsmöglichkeiten: entweder die Beibehaltung des Portierungsprinzips und Festschreibung eines Mechanismus, bei dem die Freigabe eines Werkes unter CC-Lizenz stets eine Parallellizenzierung unter allen existierenden portierten Fassungen dieser Lizenz wäre und dabei immer in erster Linie diejenige Portierung für eine Nutzung maßgeblich wäre, in deren Land die Nutzung erfolgt, ein damit verbundener Rechtsstreit ausgetragen wird oder wo ein sonstiger Anknüpfungspunkt bestünde; oder Aufgabe des Portierungsprinzips zugunsten einer einheitlichen, weltweit maßgeblichen, internationalen Fassung. Beides war nur durch erneute Versionierung umsetzbar. Nach intensiven Diskussionen entschied sich die CC-Community für den zweitgenannten Weg, die Aufgabe der Portierung zugunsten einer internationalen Fassung. Diese wurde um offizielle, d.h. nicht nur informatorischen, Übersetzungen in die verschiedenen Landessprachen ergänzt.
64 Zugleich konnte bei dieser Versionierung auf 4.0 auf das genannte Schisma zwischen CC- und Open-Data-Welt eingegangen werden und auf den Umstand, dass sich inzwischen gezeigt hatte, dass Textstruktur und Aufbau der Lizenzen nicht so laientauglich waren wie zunächst gehofft. Es wurde daher die Struktur der Lizenzen erstmals seit Version 1.0 deutlich geändert, vereinfacht und klarer gegliedert.
65 Heute sind weder weitere Versionen der CC-Lizenzen noch weitere Lizenzvarianten absehbar, also keine neuen Bedingungsmodule oder -kombinationen. Es gab immer wieder vereinzelt Forderungen nach Varianten, die jenseits der allgemein auf alles Kommerzielle gemünzten NC-Bedingung eine Nutzung für bestimmte Zwecke ausschließen (bspw. Nutzung im Kontext von Waffenherstellung oder zum Training von Überwachungs- und insbesondere Gesichtserkennungssystemen). Das zusätzliche Werkzeug CC0 („CC Zero“, siehe oben) ist seit seiner Vorstellung im Jahr 2009 durchgehend nur in Version 1.0 verfügbar. Auch hier ist derzeit keine weitere Version geplant.
F. CC als Organisation, Global Network, Chapter
66 Wie bereits angesprochen, hängt die Entstehung von Creative Commons als Projekt eng mit einer ganz bestimmten legislativen Entwicklung in den USA zusammen, nämlich der erneuten Verlängerung urheberrechtlicher Schutzfristen um die Jahrtausendwende. Creative Commons kann zudem als Reaktion auf die wahrgenommene Diskrepanz zwischen den Aufbruchsversprechen von Digitalisierung und Internet auf der einen und der rechtspolitischen Realität auf der anderen Seite verstanden werden.
67 Diese Diskrepanz bestand und besteht weiterhin darin, dass die Digitalisierung zunächst zu einem starken Kosteneinbruch und nachfolgend einer Art Demokratisierung der kreativen Herstellungsmittel geführt hat. Dadurch ermöglichte sie einer breiten Masse den Zugang zu kreativen Ausdrucksformen. Gleichzeitig wurde dieses Potenzial jedoch behindert durch rechtliche Rahmenbedingungen eines rigiden Urheberrechtssystems, das für das jahrzehntelang etablierte Geschäft zwischen professionell Kreativen und Verwertungsindustrien geschaffen wurde.
68 Urheberrechtsysteme, wie sie sich in den Industrienationen spätestens seit den 1970er Jahren weithin als Standard etabliert haben, erfassen ungefragt alles und alle, egal ob seitens der Kreativen ein absoluter Schutz ihrer Werke im Sinne „geistigen Eigentums” wirklich in allen Fällen gewünscht ist oder nicht. Durch die digitale Revolution und das Internet wurden völlig neue Generationen und Bevölkerungsgruppen Teil der Urheberrechtswelt. Sie brachten kreative und transformative Ideen ein, obwohl sie zuvor in diesem Bereich keine Rolle gespielt hatten, da ihre kreative Tätigkeit und Nutzungsmöglichkeiten damals schlicht nicht existierten. Ihre Belange und Interessen waren Ende der 1990er neu. Um die Jahrtausendwende gerieten sie dann in die Strukturen der hochprofessionalisierten Lager der immaterialgüterrechtlichen Interessenvertretung, es folgten die „Copyright Wars” und in Deutschland die Auseinandersetzungen um File-Sharing und Massenabmahnungen, Störerhaftung und in vor gar nicht langer Zeit die politischen Kämpfe um Upload-Filter und einiges mehr. Creative Commons sollte demgegenüber zur Zeit seiner Entstehung und soll auch heute noch denjenigen Kreativen andere Wege bieten, die den überkommenen sehr rigiden Ausschließlichkeitsschutz des Urheberrechts entweder für einige ihrer Werke oder für ihr gesamtes Oeuvre nicht wollen – egal ob aus symbolischen, politischen, altruistischen oder auch utilitaristischen Gründen. Die Idee einer solchen Ermächtigung ist bekanntlich schon älter, bekam Relevanz bereits mit der Freie-Software-Bewegung, sollte nun aber auch für alle anderen Werkarten und Communities weitergedacht werden.
69 Philanthropisch finanziert wurde das Unterfangen zunächst maßgeblich durch die Hewlett Foundation und bedurfte organisatorisch der Gründung einer Körperschaft, der Creative Commons Inc. im Jahr 2002. Organisatorisch erzeugte dann vor allem die fortschreitende Internationalisierung weitere Strukturen wie iCommons und CC international, zeitweilig mit „Science Commons“ auch ein Spin-Off für die Welt der Wissenschaft. Die dezentrale Ebene der Affiliates wurde über Affiliate Agreements gebildet, die teils mit Individuen abgeschlossen wurden, teils mit Organisationen. Oft gab es so pro Land jeweils eine Vereinbarung zur rechtlichen Projektleitung (Legal Project Lead) und eine weitere zur Durchführung von Öffentlichkeitsarbeit und ähnlichem (Public Project Lead). Dass Organisationen dabei „Creative Commons” im inkorporierten Namen führten, war eigentlich nicht gewollt, weil im Umgang schwieriger zu regeln als durch eine Vereinbarung. Wo es das dennoch gab, war es allenfalls geduldet. Die Länderprojekte konnten frei entscheiden, wie sie ihre Internetpräsenzen gestalteten, und taten dies auch. Sie durften auch die entsprechenden Länderdomains registrieren, auf die wiederum die Subdomains wie de.creativecommons.org weitergeleitet wurden.
70 Der zunächst als iCommons Summit eingerichtete jährliche Kongress hieß ab 2011 CC Summit und fungiert als Jahrestreffen und Plattform, um wichtige Entscheidungen in Präsenz zu diskutieren. Er findet nach wie vor statt, während die Struktur der internationalen Zusammenarbeit im Jahre 2018 grundlegend umgebaut und mit einer eigenen Governance versehen wurde. Heute ist die weltweite CC-Community in Chaptern organisiert, in Anlehnung an die Strukturen vieler anderer internationaler Projekte. Der hauptsächliche Unterschied zur früheren Struktur der auf Einzelvereinbarungen basierenden Länderprojekte ist der, dass die Bildung von Chaptern stärker formalisiert und ihr Aufbau stärker vorgegeben ist und sie bestimmte Grundaufgaben sowie formell geregelte Mitsprache im gesamten Netzwerk haben, dem CC Global Network.
71 Keine der CC-Strukturen war dafür gedacht und ausreichend finanziell ausgestattet, um weltweite Mitwirkung an Creative Commons und seiner Weiterentwicklung im Sinne von hauptamtlicher Arbeit zu finanzieren. Das Einzige, was möglich war, war der Betrieb von CC international als eines Koordinationsbüros in Berlin und die Ausrichtung des jährlichen Summits, für den es einige Reisestipendien gab. Entsprechend war die Arbeit der Affiliates (und ist die Arbeit der Chapter noch heute) auf ehrenamtliches Engagement gegründet, wenngleich viele der so Aktiven beruflich im Bereich Immaterialgüterrecht, in der Kreativwirtschaft oder der Wissenschaft arbeiten und die CC-Arbeit hierzu Querverbindungen aufweist. Selbst in den USA blieb die Zahl derjenigen, die intensiv zu CC und seinen Rechtsfragen arbeiten konnten, immer im Bereich weniger Dutzend. Umso mehr Aufsehen erregte es, als es in Europa um das Jahr 2007 gelang, von der Europäischen Union die Förderung eines thematischen Netzwerks zu erhalten, das sich mit der digitalen Gemeinfreiheit befassen sollte. Das Förderinstrument „EU Thematic Network” ermöglicht es einem Konsortium von Organisationen wie etwa Hochschulen zu einem bestimmten Thema jährlich drei Workshops und jährlich eine größere Konferenz zu finanzieren, um am Ende der EU-Kommission Politikempfehlungen zum untersuchten Thema vorzulegen. Das „EU Thematic Network on the Digital Public Domain”, das nun gebildet wurde, nannte sich Communia, wurde durch die Technische Universität Turin geleitet. Das Konsortium der mitwirkenden Organisationen bestand aus Creative Commons, den in Europa beheimateten CC-Affiliates und einigen weiteren. Es erarbeitete viel beachtete Empfehlungen zum Zustand digitaler Allmenden und des Corpus’ gemeinfreier Werke, nicht nur in Europa, und bewirkte durch seine insgesamt 12 Präsenzveranstaltungen, die überall in Europa stattfanden, eine Netzwerkbildung und einen gedanklichen Austausch, die anders nicht entstanden wären. Am Ende der EU-Förderperiode war noch Geld vorhanden, mit dem die Communia Association
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