- A. Vorbemerkung: Keine Beschränkung zustimmungsfreier Handlungen
- B. „Unter den Bedingungen der vorliegenden Public License“
- C. Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte
- D. Räumliche Wirkung: Weltweite Lizenz
- E. Nicht-ausschließliche Lizenz
- F. Keine Unterlizenzierbarkeit
- G. Unwiderruflichkeit
- H. Unentgeltlichkeit
Literatur: Thomas Dreier, Creative Commons, Science Commons – Ein Paradigmenwechsel im Urheberrecht?, in: FS Schricker, 2005, 283; Sebastian Horlacher, Die Creative Commons-Lizenzen 4.0 – Eine (urheber‑)rechtliche Betrachtung anhand von Open Educational Resources in der Hochschullehre, 2020; Till Kreutzer, Deutsche UNESCO-Kommission e. V. (Hrsg.), Open Content – Ein Praxisleitfaden zur Nutzung von Creative Commons-Lizenzen, 2. Auflage 2016; Sebastian Krujatz, Open Access, 2012; Anne Lauber-Rönsberg, Disponible Zugangsregeln? – Open Access als Testfall für das Verhältnis von individuellen, kollektiven und gesetzlichen Nutzungserlaubnissen, ZUM 2023, 420; Catharina Maracke, Creative Commons International: The International License Porting Project – Origins, Experiences, and Challenges, jipitec 2010, 4 – 18; Nils Rauer/Diana Ettig, Creative Commons & Co. – Rechtliche Fragestellungen rund um die Nutzung (kostenfreier) Bilddatenbanken, WRP 2015, 153 – 157; Robert Staats, Open Access und VG WORT – passt das zusammen?, in: Ius Vivum: Kunst – Internationales – Persönlichkeit – Festschrift für Haimo Schack zum 70. Geburtstag, 2022, 353; Tobias Strobel, So content with Open Content – Zufriedenheit dank Open-Content-Lizenz?, MMR 2003, 778; Gregor Völtz, Creative Commons Lizenzen im Lichte des Verbraucherschutzes – Mehr schlecht als verbrauchergerecht?, VuR 2016, 169; Kristina Wagner, Aktuelle Möglichkeiten und rechtliche Probleme der Creative Commons-Lizenzmodelle, MMR 2017, 216.
1 Das Baukastensystem der CCPL ermöglicht es dem Lizenzgeber, durch die Wahl der einzelnen Lizenzmodule BY, NC, ND und SA die eingeräumten Nutzungsrechte mehr oder weniger umfassend auszugestalten. Unabhängig davon, welche Lizenzmodule im konkreten Einzelfall gewählt werden, bestimmt Abschnitt 2.a.1, dass die eingeräumten Nutzungsrechte in jedem Fall als nicht-variablen Kernbestand das Recht zur Vervielfältigung und zur Weitergabe des lizenzierten Materials (Abschnitt 2.a.1.A) sowie das Recht zur Erstellung und Vervielfältigung von abgewandeltem Material (Abschnitt 2.a.1.B) umfassen. Hat der Lizenzgeber keine Einschränkung durch den Lizenzbaustein ND (No Derivatives) vorgenommen, dann beinhalten die eingeräumten Nutzungsrechte auch das Recht zur Weitergabe des abgewandelten Materials. Wählt der Lizenzgeber das Lizenzelement NC, dann beschränken sich alle eingeräumten Nutzungsrechte auf nicht-kommerzielle Zwecke (Rn. 21).
2 Die eingeräumten Nutzungsrechte gestatten Nutzungshandlungen weltweit. Die Lizenz ist unwiderruflich (Rn. 25) und vergütungsfrei (Rn. 26). Eingeschränkt wird die umfassende Nutzungsrechtseinräumung allerdings dadurch, dass die Lizenz nicht-ausschließlich (Rn. 23) und nicht unterlizenzierbar (Rn. 24) ist.
3 Damit ermöglicht die CCPL eine umfassende Nutzungsrechtseinräumung. Dies entspricht dem Zweck der Creative Commons-Lizenzen, dass die CC-lizenzierten Werke trotz ihres urheberrechtlichen Schutzes möglichst ungehindert von der Allgemeinheit genutzt werden können sollen.
A. Vorbemerkung: Keine Beschränkung zustimmungsfreier Handlungen
4 Die CCPL soll gesetzlich freigestellte Nutzungen nicht vertraglich beschränken, wie Abschnitt 8.a unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Wenn die beabsichtigte Nutzung nicht in die Ausschließlichkeitsrechte des Rechtsinhabers eingreift, sondern schon nach der gesetzlichen Konzeption zustimmungsfrei gestattet ist, dann kommt es somit nicht mehr auf den Umfang etwaiger Nutzungsrechtseinräumungen an. Denn in diesem Fall ist die Nutzung ohnehin zulässig. Die Prüfung, ob ein Ausschließlichkeitsrecht in Form eines Urheber- oder Leistungsschutzrechts besteht und es sich um eine gesetzlich erlaubte Nutzung handelt, ist nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht vorzunehmen. Welches dieses ist, ergibt sich aus den Regeln des Internationalen Privatrechts (siehe VorCCPL Rn. 37 ff.).
5 Daher ist kein Lizenzerwerb erforderlich, wenn Nutzungen sich auf Material beziehen, das die Schutzvoraussetzungen für ein Urheber- oder Leistungsschutzrecht nicht erfüllt. Der denkbar weiten Begriffsdefinition von Abschnitt 1.f zufolge versteht die CCPL unter dem Begriff des lizenzierten Materials „Werke der Literatur oder Kunst, Datenbanken oder das sonstige Material, welches der Lizenzgeber unter die vorliegende Public License gestellt hat“. Hiervon werden auch Gestaltungen erfasst, an denen Leistungsschutzrechte bestehen (siehe oben Abschnitt 1.f). Wenn bei Anwendbarkeit des deutschen Rechts weder die Schutzvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG noch die Voraussetzungen eines Leistungsschutzrechts nach §§ 70, 71, 72, 73, 85, 87, 87a, 87 f UrhG vorliegen, dann erübrigt sich die Prüfung, ob Nutzungsrechte eingeräumt wurden und welchen Umfang sie haben.
6 Des Weiteren ist auch kein Erwerb einer Lizenz erforderlich, wenn urheberrechtlich geschützte Materialien genutzt werden, sich die Nutzung aber auf ein seiner Art nach nicht schutzfähiges Element eines Werkes bezieht. So gilt nach ständiger Rechtsprechung, dass künstlerische Stile ebenso wenig schutzfähig sind wie bloße Informationen.
7 Mit derselben Zielsetzung stellt Abschnitt 2.a.2 klar, dass den gesetzlichen Ausnahmen und Beschränkungen Vorrang vor der CCPL zukommt, und beschränkt den Anwendungsbereich der CCPL, soweit §§ 44a ff. UrhG eingreifen.
B. „Unter den Bedingungen der vorliegenden Public License“
8 Die Einräumung von Nutzungsrechten an den Lizenznehmer steht unter der Bedingung, dass der Lizenznehmer die Bedingungen, die in Abschnitt 3 geregelt sind und zu denen insbesondere bei Wahl des Lizenzelements BY die Pflicht zur Namensnennung des Urhebers gehört. Werden diese nicht eingehalten, erlöschen die Rechte aus der CCPL automatisch nach Abschnitt 6.a.
C. Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte
9 Der Lizenzgeber räumt dem Lizenznehmer das Recht ein, das lizenzierte Material ganz und in Teilen zu vervielfältigen (reproduce) und weiterzugeben (share) sowie abgewandeltes Material zu erstellen (produce) und zu vervielfältigen (reproduce) und – wenn der Lizenzgeber nicht das Lizenzelement ND (No Derivatives) gewählt hat – auch das abgewandelte Material weiterzugeben (share). Die eingeräumten Nutzungsrechte beziehen sich auf die Nutzung in allen Medien und Formaten,
10 Für den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte ist nicht allein der Wortlaut der CCPL maßgeblich, da diese lediglich Musterverträge darstellen. Vielmehr ist der Vertragsinhalt durch die Auslegung des konkreten zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrags zu ermitteln, wofür es auch auf die Gesamtumstände des Vertragsschlusses wie den Vertragszweck und das schlüssige Verhalten der Parteien ankommt. Ausgangspunkt ist aber zunächst der Wortlaut der Vereinbarung, der sich aus den Musterverträgen der CCPL ergibt, sofern keine sonstigen Bedingungen nach Abschnitt 7.1 getroffen wurden.
I. Vervielfältigung
11 Die eingeräumten Nutzungsrechte umfassen nach Abschnitt 2.a.1.A das Recht, das lizenzierte Material ganz oder in Teilen zu vervielfältigen. Dies betrifft Nutzungshandlungen, die in das das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG eingreifen. Gestattet werden die Vervielfältigung von Werken und leistungsschutzrechtlich geschützten Gegenständen sowie Vervielfältigung von Teilen von Werken bzw. sonstigen Schutzgegenständen, soweit die Teile geschützt sind und ihre Vervielfältigung somit in das Ausschließlichkeit des Rechtsinhabers eingreift. Handelt es sich um einen Werkteil, der nicht durch Urheber- oder Leistungsschutzrechte geschützt wird, dann ist die Vervielfältigungshandlung unabhängig von dem eingeräumten Nutzungsrecht zulässig. Von dem Begriff der Vervielfältigung im Sinne der CCPL werden jedenfalls identische Reproduktionen umfasst. Legt man den Begriff im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH
II. Weitergabe
12 Nach Abschnitt 2.a.1.A umfasst die CCPL zudem das Recht, das lizenzierte Material ganz oder in Teilen weiterzugeben. Der dem deutschen Urheberrecht unbekannte Begriff der Weitergabe ist in Abschnitt 1.i legaldefiniert und umfasst danach, „Material der Öffentlichkeit bereitzustellen durch beliebige Mittel oder Verfahren, die gemäß der lizenzierten Rechte Zustimmung erfordern, wie zum Beispiel Vervielfältigung, öffentliche Vorführung, öffentliche Darbietung, Vertrieb, Verbreitung, Wiedergabe oder Übernahme und öffentliche Zugänglichmachung bzw. Verfügbarmachung in solcher Weise, dass Mitglieder der Öffentlichkeit auf das Material von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugreifen können“. Eingeräumt werden somit Nutzungsrechte im Hinblick auf das bereits in der ersten Tatbestandsalternative explizit genannte Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) sowie im Hinblick auf das Verbreitungsrecht (§ 15 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UrhG) und auf das Recht der öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 UrhG. Lizenziert werden auch Nutzungen im Rahmen des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19 UrhG), des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a UrhG), des Senderechts (§ 20 ff. UrhG) sowie des Rechts der Wiedergabe durch Bild- und Tonträger (§ 21 UrhG) und von Funksendungen und öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22 UrhG). Vom Wortlaut umfasst ist ferner die Ausstellung eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste oder eines unveröffentlichten Lichtbildwerks (§ 18 UrhG), auch wenn dies in der Praxis nur in begrenztem Maße relevant werden dürfte, weil das lizenzierte Material in der Regel veröffentlicht (§ 6 Abs. 1 UrhG) sein dürfte. Ein Bereich, bei dem es aber häufig zur CC-Lizenzierung unveröffentlichter Werke kommt, sind Nachlässe oder Sammlungen, die durch Kulturerbe-Einrichtungen oder auf Betreiben von Kulturerbe-Einrichtungen durch Rechteinhaber lizenziert werden, um eine freie Nutzung des Materials zu ermöglichen. Angesichts der Selbstverpflichtung von vielen Kulturerbe-Einrichtungen zum Open Paradigma werden CC-Lizenzen dort oft genutzt (siehe Handbuch-Teil D. Kulturerbe).
III. Erstellung, Vervielfältigung und Weitergabe abgewandelten Materials
13 Nach Abschnitt 2.a.1.B. CCPL wird dem Lizenznehmer zudem das Recht eingeräumt, abgewandeltes Material zu erstellen und zu vervielfältigen. Werden die Lizenz-Elemente BY, BY-SA, BY-NC und BY-NC-SA gewählt, wird zudem auch die Weitergabe des abgewandelten Materials von den lizenzierten Nutzungshandlungen umfasst. Wurde hingegen das Lizenzelement ND gewählt, dann ist die Weitergabe des abgewandelten Materials nicht gestattet. Hervorzuheben ist, dass entgegen eines häufig anzutreffenden Missverständnisses aber auch in diesem Fall – trotz der Bezeichnung des Lizenzbausteins als „No Derivatives“ – die Herstellung und Vervielfältigung von abgewandeltem Material erlaubt wird.
14 Zu beachten ist allerdings, dass die Verwertung von modifiziertem Material nicht nur in das Bearbeitungsrecht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG, sondern zusätzlich auch in das urheberpersönlichkeitsrechtliche Recht auf Werkintegrität nach § 14 UrhG eingreifen kann. Urheberpersönlichkeitsrechte werden durch die CCPL nicht mitlizenziert, wie Abschnitt 2.b.1 ausdrücklich festhält.
15 Abgewandeltes Material. Nach Abschnitt 1.a wird als abgewandeltes Material ein Inhalt bezeichnet, welcher „durch Urheberrechte oder ähnliche Rechte geschützt ist und vom lizenzierten Material abgeleitet ist oder darauf aufbaut und in welchem das lizenzierte Material übersetzt, verändert, umarrangiert, umgestaltet oder anderweitig modifiziert in einer Weise enthalten ist, die aufgrund des Urheberrechts oder ähnlicher Rechte des Lizenzgebers eine Zustimmung erfordert.“ Unterliegen transformative Nutzungen keinem Zustimmungserfordernis nach §§ 15 ff., § 23 Abs. 1 Satz 1, §§ 44a ff. UrhG, dann werden diese Bearbeitungen oder Umgestaltungen vorbestehender Inhalte – zwar systematisch nicht ganz überzeugend, aber im Ergebnis mit der Auslegungsregel des Abschnitt 8.a und den Zielen der CCPL im Einklang stehend – nicht lediglich von dem Umfang der lizenzierten Rechte gemäß Abschnitt 2.a.1.B CCPL ausgenommen, sondern bereits nicht von der Begriffsdefinition abgeleiteter Werke erfasst, wie sich aus dem Wortlaut ergibt. Kein abgewandeltes Material im Sinne dieser Definition liegt also dann vor, wenn eine neue Gestaltung geschaffen und hierbei nur der nicht geschützte Stil eines vorbestehenden Werkes oder nicht geschützte Teile übernommen werden, wenn Teile eines Tonträgers in nicht wiedererkennbarer Weise übernommen werden,
16 In Satz 2 stellt Abschnitt 1.a. klar, dass abgewandeltes Material immer auch dann vorliegt, „wenn das lizenzierte Material ein Musikwerk, eine Darbietung oder eine Tonaufnahme ist und zur Vertonung von Bewegtbildern verwendet wird“. Hieraus ergibt sich, dass die Verbindung eines Musikwerks mit einem Video nicht nur eine Vervielfältigung gemäß Abschnitt 2.a.1.A darstellt, sondern als Erstellung abgewandelten Materials unter Abschnitt 2.a.1.B fällt. Hingegen ist die Verbindung eines Musikwerks mit einer Bildfolge nach der nicht unumstrittenen Rechtsprechung des BGH grundsätzlich nur als Vervielfältigung im Sinne von § 16 UrhG und nicht als Bearbeitung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 UrhG einzuordnen.
17 Erstellung von abgewandeltem Material. Gestattet wird zum ersten die Erstellung abgewandelten Materials. Allerdings kommt dieser ersten Tatbestandsalternative nur eine begrenzte Bedeutung zu, da die Erstellung einer Bearbeitung oder anderen Umgestaltung
18 Wenn das abgewandelte Material seinerseits eine persönliche geistige Schöpfung darstellt, ist es nach § 3 UrhG urheberrechtlich schutzfähig. Diese Frage ist unabhängig von den durch die CCPL eingeräumten Nutzungsrechten zu beurteilen.
19 Vervielfältigung des abgewandelten Materials. Zum zweiten erlaubt das Nutzungsrecht nach Abschnitt 2.a.1.B die Vervielfältigung des vom Lizenznehmer oder von Dritten erstellten abgewandelten Materials.
20 Weitergabe des abgewandelten Materials (soweit nicht Lizenzelement ND). Zum dritten umfasst das Nutzungsrecht nach Abschnitt 2.a.1.B die Weitergabe des abgewandelten Materials. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Lizenzbaustein ND gewählt wurde. Die Bedingungen, unter denen eine Weitergabe des abgewandelten Materials erfolgen darf, ergeben sich insbesondere aus Abschnitt 3 und umfassen bei Wahl des Lizenzbausteins BY die Namensnennung sowie bei Wahl des Lizenzbausteins SA (Share Alike) die Verpflichtung, das abgewandelte Material unter einer CCPL mit der gleichen Lizenz oder einer kompatiblen Lizenz zur Verfügung zu stellen (siehe Kommentierung unter Abschnitt 3.b).
21 Kommerzielle vs. nicht-kommerzielle Nutzungen. Die Lizenzgewährung kann auf nicht-kommerzielle Nutzungen beschränkt werden. Zur Abgrenzung von kommerziellen und nicht-kommerziellen Nutzungen siehe Abschnitt 1.i Rn. 73 ff.
D. Räumliche Wirkung: Weltweite Lizenz
22 Den im Urheberrecht geltenden Territorialitätsgrundsatz,
E. Nicht-ausschließliche Lizenz
23 Im Rahmen der CCPL wird ein nicht-ausschließliches Lizenzrecht eingeräumt. In der Terminologie des deutschen Urheberrechtsgesetzes handelt es sich somit um ein einfaches Nutzungsrecht gemäß § 31 Abs. 2 UrhG. Die Beschränkung auf die Einräumung eines einfachen Nutzungsrechts entspricht dem Ziel der CCPL, eine möglichst weite Verbreitung und Nutzung der lizenzierten Inhalte zu ermöglichen, da der Lizenzgeber hierdurch die Befugnis zur anderweitigen Lizenzierung behält. Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Lizenznehmer, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere Personen ausgeschlossen ist. Hieraus folgt, dass der Lizenznehmer anderen die Nutzung des Inhalts nicht verbieten kann. Zudem ist der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts nicht aktivlegitimiert, kann also im Falle der Verletzung des Urheberrechts nicht aus eigenem Recht gegen den mutmaßlichen Verletzer klagen, sondern lediglich im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft vorgehen (siehe hierzu A. Rechtsdurchsetzung Rn. 37). Diesem Umstand dürfte aber im Falle der CC-Lizenzen nur eine geringe praktische Relevanz zukommen, da das Interesse, Rechtsverletzungen zu verfolgen, eher beim Lizenzgeber als beim Lizenznehmer liegen dürfte.
F. Keine Unterlizenzierbarkeit
24 Die eingeräumten Nutzungsrechte sind nicht unterlizenzierbar. Damit hat der Lizenznehmer nicht die Befugnis, anderen Personen die Nutzung des Inhalts zu gestatten. Vielmehr erfolgt die Einräumung des Nutzungsrechts an jeden Nutzer direkt durch den Lizenzgeber, siehe Abschnitt 2.a.5.A. Dies gilt auch für Personen, die das Material durch Weitergabe von einem Lizenznehmer erhalten. Hierdurch werden lange Lizenzketten aufgrund von Unterlizenzierungen vermieden.
G. Unwiderruflichkeit
25 Der CC-Lizenzvertrag ist unwiderruflich (siehe zur Lizenzdauer auch Abschnitt 6). Gleiches gilt nach Abschnitt 2.1.a für das eingeräumte Nutzungsrecht. Dies steht in einem Spannungsverhältnis zu der Regelung des § 42 UrhG, die ein Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung vorsieht. Wenn das Werk der Überzeugung des Urhebers in künstlerischer, politischer, wissenschaftlicher oder anderer Hinsicht nicht mehr entspricht und ihm deshalb die Verwertung des Werkes nicht mehr zugemutet werden kann, kann er bereits erteilte Lizenzen zurückrufen. Nach § 42 Abs. 2 UrhG kann auf das Rückrufsrecht im Voraus nicht verzichtet werden. Zudem kann seine Ausübung nicht ausgeschlossen werden. Bei der nach Abschnitt 2.1.a vorgesehenen Unwiderruflichkeit des Lizenzrechts handelt es sich somit um eine der wenigen Klauseln der CCPL, die mit dem deutschen Urheberrecht nicht vereinbar ist. In der Praxis wird das Rückrufsrecht nach § 42 UrhG allerdings äußerst selten ausgeübt, was auch an der in § 42 Abs. 3 UrhG vorgesehenen Entschädigungspflicht liegen mag. Macht ein Urheber ein solches Rückrufsrecht geltend, dann hat dies aufgrund seines zwingenden Charakters Vorrang vor der CCPL. Den anderen im UrhG vorgesehenen Rückrufsrechten nach § 34 Abs. 3 Satz 2 UrhG und § 41 UrhG kommt hingegen im CCPL-Kontext keine Bedeutung zu.
H. Unentgeltlichkeit
26 Ein wesentliches Element der CC-Lizenzierung ist die Vergütungsfreiheit der Nutzungsrechtseinräumung. Durch die Freiheit von Lizenzgebühren soll die Möglichkeit zur Teilhabe am kulturellen und wissenschaftlichen Leben ermöglicht werden.
27 Mit der Unentgeltlichkeit der Nutzungsrechtseinräumung weicht die CCPL von dem Konzept des UrhG ab, das einen gesetzlichen Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung (§ 32 Abs. 1 UrhG), auf weitere Beteiligung im Falle eines durch die vereinbarte Gegenleistung nicht angemessen honorierten wirtschaftlichen Erfolgs (§ 32a UrhG) sowie eine Vergütung für später bekannte Nutzungsarten (§ 32c UrhG) vorsieht. Diese Vergütungsansprüche sind zum Schutz der Kreativen zwingend ausgestaltet (§ 32 Abs. 3 Satz 1 UrhG) oder auf sie kann zumindest im Vorhinein nicht verzichtet werden (§ 32a Abs. 3 Satz 1 und § 32c Abs. 3 Satz 2 UrhG). Um die Lizenzierung als offene Inhalte zu ermöglichen, sieht das Gesetz aber die Möglichkeit vor, dass der Urheber unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht für jedermann einräumt (§ 32 Abs. 3 Satz 3, § 32a Abs. 3 Satz 3 und § 32c Abs. 3 Satz 2 UrhG). Denn im Anwendungsbereich der CCPL und anderer Open-Content-Lizenzen bedarf der Urheber dieses Schutzes grundsätzlich nicht, da er freiwillig sein Werk für die Allgemeinheit zur Verfügung stellt und damit bewusst auf eine Vergütung verzichtet. Wie in der Begründung zum Gesetzentwurf ausgeführt, kann „im Bereich derartiger Lizenzbeziehungen, bei denen der Urheber sein Werk der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung stellt, (…) weder eine zu Lasten des Urhebers gestörte Vertragsparität vorliegen, noch sind insofern Missbrauchsmöglichkeiten denkbar“.
28 Fraglich ist allerdings, ob diese Ausnahme von den gesetzlichen Vergütungsansprüchen auch dann gelten kann, wenn sich der Urheber nicht frei dafür entscheidet, den Inhalt unentgeltlich im Rahmen der CCPL zu lizenzieren, sondern die offene Lizenzierung nur aufgrund des Drucks eines Verwerters wählt, der hierdurch den zwingenden Anspruch auf angemessene Vergütung umgehen will. Im Schrifttum wird vertreten, dass in diesem Fall die Ausnahme der § 32 Abs. 3 Satz 3, § 32a Abs. 3 Satz 3 und § 32c Abs. 3 Satz 2 UrhG nicht eingreife.
29 Unklar ist zudem, ob die die Regelungen der § 32a Abs. 3 Satz 3 und § 32c Abs. 3 Satz 2 UrhG auch dann gelten, wenn nicht der Urheber selbst, sondern ein Nutzungsrechtsinhaber Materialien unter der CC-Lizenz lizenziert. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn Inhalte im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wurden und dem Arbeitgeber hieran Nutzungsrechte im Rahmen von §§ 43, 69b UrhG eingeräumt werden. Gesetzliche Vergütungsansprüche des Urhebers können nicht nur gegen den Lizenznehmer auf erster Stufe (§ 32 Abs. 1, § 32a Abs. 1 und § 32c Abs. 1 UrhG), sondern auch gegen Lizenznehmer auf weiteren Stufen (§ 32a Abs. 2 und § 32c Abs. 2 UrhG) bestehen. Ihrem Wortlaut nach erfassen die Regelungen der § 32a Abs. 3 Satz 3 und § 32c Abs. 3 Satz 2 UrhG, die die Vergütungsansprüche im Falle offener Lizenzen ausschließen, nur den Fall, dass der Urheber selbst unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht an jedermann einräumt. Die Konstellation, dass es erst auf einer späteren Lizenzierungsstufe zu einer CC-Lizenzierung kommt, wird hingegen nicht ausdrücklich geregelt.
30 Soweit sich im Schrifttum Stellungnahmen hierzu finden, wird davon ausgegangen, dass die Vergütungsansprüche des Urhebers bestehen bleiben, wenn nicht der Urheber, sondern sein Vertragspartner jedermann unentgeltlich ein einfaches Nutzungsrecht einräumt.
31 Hat der Urheber der Einräumung weiterer Nutzungsrechte in Form von CC-Lizenzen durch den ersten Lizenznehmer hingegen nicht zugestimmt, dann ist die dingliche Verfügung des ersten Lizenznehmers über das Nutzungsrecht unwirksam.
32 Hat der Urheber im Rahmen seiner Zustimmung zu weiteren Lizenzierungen nicht näher präzisiert, ob diese auch CC-Lizenzierungen umfassen sollen, dann kommt es maßgeblich darauf an, ob die Willenserklärung in diesem Sinne auszulegen ist mit der Folge, dass der Urheber die gesetzlichen Vergütungsansprüche gegen Lizenznehmer auf weiteren Stufen (§ 32a Abs. 2 und § 32c Abs. 2 UrhG) verlieren würde. Die Zustimmung kann grundsätzlich auch stillschweigend erfolgen.
33 Auch eine Zustimmungspflicht nach § 34 Abs. 1 Satz 2, § 35 Abs. 1 Satz 2 besteht in der Regel nicht.
34 Sofern der Urheber keine Zustimmung erteilt hat und die Verweigerung der Zustimmung nicht treuwidrig ist, hat dies zur Folge, dass die CC-Lizenzierung auf zweiter Stufe somit mangels Zustimmung des Urhebers unwirksam ist. Für die Praxis bedeutet dies, dass ein Verwerter, der von einem Urheber erworbene Nutzungsrechte auf zweiter Stufe durch CC-Lizenzen weiterverwerten möchte, hierzu die ausdrückliche Zustimmung des Urhebers einholen sollte.
35 Des Weiteren stellt sich die Frage, inwieweit die Unentgeltlichkeit der Nutzungsrechtseinräumung Auswirkungen auf das Bestehen gesetzlicher Vergütungsansprüche, insbesondere im Rahmen der Schrankenregelungen aus §§ 54 ff. UrhG hat. Dies ist nach überzeugender Ansicht nicht der Fall. Denn die CCPL sieht vor, dass die vertragliche Vereinbarung keine Anwendung findet, wo gesetzliche Ausnahmen und Beschränkungen gelten. Somit kommt es bei CC-Lizenzen nicht zu einer Kollisionslage von individualvertraglicher Nutzungsrechtseinräumung und den Schrankenregelungen. Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der CC-Lizenzen, die gesetzlich gewährte Freiräume nicht einschränken, sondern im Gegenteil durch vertragliche Nutzungsrechte erweitern sollen.
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