- A. Hochschulen, Schulen und andere Bildungseinrichtungen
- B. Lizenzierung bei Lehr- und Lernmaterialien
- C. Inkorporierte Werke Dritter
- D. Lizenzauswahl
- E. Haftungsrisiken
- F. Informationsangebote
Literatur: Bundesministerium für Bildung und Forschung, OER-Strategie – Freie Bildungsmaterialien für die Entwicklung digitaler Bildung, Juli 2022, https://perma.cc/S3C2-V52N; Sebastian Horlacher, Die Creative Commons-Lizenzen 4.0– Eine (urheber-) rechtliche Betrachtung anhand von Open Educational Resources in der Hochschullehre; OERinfo – Was ist OER, https://perma.cc/3JGT-F9CL.
1 Während Wissenschaft den Bereich der systematischen und methodischen Wissensermittlung beschreibt, beschreibt Bildung vorliegend den gesamten Bereich des Lehrens und Lernens.
2 Während in der Wissenschaft wissenschaftliche Ergebnisse (z.B. als textuelle Publikation) veröffentlicht werden, wird das für die Bildung relevante Wissen in Lern- und Lehrmaterialien publiziert. Werden Lehr- und Lernmaterialien frei lizenziert zur Verfügung gestellt, spricht man von offenen, freien Bildungsmaterialien – Open Educational Resources (OER).
3 Offene, freie Bildungsmaterialien bieten besondere Potenziale der Kollaboration und Kooperation, der Kompetenzentwicklung und der Entwicklung neuer pädagogischer Praxis, um die Entwicklung Lernender und Lehrender in allen Bildungsbereichen in einer digitalen Lebens- und Arbeitswelt im 21. Jahrhundert zu unterstützen.
4 Erst die freie Lizenzierung von Lehr- und Lernmaterialien macht sie zu OER und ermöglicht, dass andere sie zum Lehren und Lernen nutzen, verändern und (rechtssicher) teilen können – und zwar auch grenzüberschreitend. Letzteres wird durch die weltweit etablierten Creative Commons-Lizenzen gewährleistet.
5 Mit dem Begriff OER wird oft nicht nur rechtliche Offenheit, sondern auch eine technische Offenheit verbunden – auf diesen Aspekt kann hier jedoch nicht weiter eingegangen werden.
6 Allein auf der Grundlage der gesetzlichen Erlaubnisse aus den §§ 60a ff. UrhG ist eine Nachnutzung nicht im Sinne der beschriebenen Ziele denkbar. Denn diese Regelungen lassen weder ausreichend umfangreiche noch rechtssichere Nutzungen zu.
7 Aufgrund der weltweiten Anwendbarkeit, ihrer Maschinenlesbarkeit und grenzüberschreitenden Nutzbarkeit sind Creative Commons-Lizenzen auch für OER besonders geeignet. Sie haben sich daher im deutschsprachigen Raum als Quasi-Standard für OER durchgesetzt.
8 International wird das Konzept der OER insbesondere durch die UNESCO gefördert, vgl. Einl Rn. 15 f. Die UNESCO definiert:
„Open Educational Resources (OER) sind Bildungsmaterialien jeglicher Art und in jedem Medium, die unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden. Eine solche offene Lizenz ermöglicht den kostenlosen Zugang sowie die kostenlose Nutzung, Bearbeitung und Weiterverbreitung durch Andere ohne oder mit geringfügigen Einschränkungen. Open Educational Resources können einzelne Materialien aber auch komplette Kurse oder Bücher umfassen. Jedes Medium kann verwendet werden. Lehrpläne, Kursmaterialien, Lehrbücher, Streaming-Videos, Multimedia- anwendungen, Podcasts – all diese Ressourcen sind OER, wenn sie unter einer offenen Lizenz veröffentlicht werden.“
A. Hochschulen, Schulen und andere Bildungseinrichtungen
9 OER spielen sowohl an Schulen als auch an Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen eine Rolle und können in den unterschiedlichsten Formaten vorliegen, von der Powerpoint-Präsentation über das Lehrvideo bis hin zum Vorlesungsskript und klassischen Lehrbuch. Diese Materialien können mit einer Creative Commons-Lizenz versehen werden, wobei es signifikante Unterschiede im Bereich Hochschule und Schule sowie sonstige Bildungseinrichtungen gibt.
10 An Schulen in Deutschland erfolgt Bildung bzw. der Unterricht nach recht detailliert vorgegebenen Lehrplänen.
11 Im Unterschied dazu baut die Lehre an Hochschulen – immer noch orientiert am Humboldtschen Bildungsideal – auf der Forschung auf und soll Forschungsergebnisse vermitteln. Damit geht einher, dass Lehrmaterialien an Hochschulen häufig stark kontextbezogen sind und nicht wie in der Schule gesichertes Wissen vermitteln. Lehrmaterialien, die begleitend zur Forschung entstehen und mit denen Forschungsergebnisse direkt vermittelt werden, lassen sich nicht ohne weiteres in anderen Konstellationen wiederverwenden. Sie sind häufig nicht allgemein übertragbar. Auch ist die Freiheit für die Gestaltung dieser Lehr- und Lernmaterialien viel größer als an Schulen, wo sie sich regelmäßig auf die Anpassung vorgegebener Lehrmaterialien für die individuelle Gestaltung der jeweiligen Unterrichtsstunde beschränkt. In der Schule wird vorgegebenes und bekanntes Wissen lediglich vermittelt und nicht – wie in der Hochschule – methodisch dessen Generierung unterstützt.
B. Lizenzierung bei Lehr- und Lernmaterialien
12 Bildungsmaterialien können völlig unabhängig von Bildungseinrichtungen entstehen oder in einem wie auch immer gearteten Zusammenhang. Entstehen Materialien im Zusammenhang mit Bildungseinrichtungen, so gilt, dass je größer die Freiheit bei der Gestaltung von Lehrmaterialien ist und je weniger weisungsgebunden diese erfolgt, desto eher verbleiben die Rechte an den Materialien bei den Lehrkräften, die sie erstellen (siehe zum Arbeitnehmerurheberrecht VorCCPL Rn. 43 ff. und B. Wissenschaft Rn. 29 ff.); sie sind damit auch in der Lage, die Materialien zu lizenzieren und damit CC-Lizenzgeber zu sein.
I. Bildungsmaterialien außerhalb von Bildungseinrichtungen
13 Freie Lehr- und Lernmaterialien – egal ob für Schule oder Hochschule – können ganz unabhängig von der jeweiligen Bildungseinrichtung als gesonderte Projekte – auch als Verlagsprojekte – entstehen. Das kann Schul- oder Lehrbücher genauso betreffen wie Lehrmaterialien, Aufgabenblätter usw. Hier gilt für die Lizenzierung nichts anderes als für andere Publikationsprojekte ohne Bildungsbezug. Der Vorteil an solchen frei lizenzierten Inhalten ist – wie erläutert – die freie Nutzbarkeit.
II. Lizenzgeber an Hochschulen
14 Für die Frage, wer Bildungsmaterialien an Hochschulen als Inhaberin der Rechte lizenzieren kann, gelten dieselben Überlegungen, wie zu wissenschaftlichen Publikationen an Hochschulen (siehe B. Wissenschaft Rn. 29 ff.).
15 Die herrschende Lehre geht davon aus, dass sich aus der Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG auch das Recht ergibt, über die Form der Publikation von Forschungsergebnissen zu entscheiden. Dafür wird nicht nur bei Hochschulprofessorinnen argumentiert (Professorenprivileg), sondern auch bei anderen Mitarbeiterinnen der Hochschule, unabhängig vom Anstellungsverhältnis. Soweit es um wissenschaftliche Publikationen geht, würden die Prinzipien des Arbeitnehmerurheberrechts und damit verbunden die Übertragung von Nutzungsrechte an die Arbeitgeberin nicht greifen.
16 Nur im Falle von unselbstständig oder weisungsabhängig handelnden wissenschaftlichen Mitarbeitenden kommt § 43 UrhG zur Anwendung und das Land als Arbeitgeber (bzw. die Hochschule als Anstellungskörperschaft) erwirbt Nutzungsrechte an solchen Werken, die im Rahmen des Anstellungsverhältnisses entstehen. Hier kann die Hochschule selbst als Lizenzgeberin auftreten. Die Hochschulen könnten auch Mitarbeiter direkt beauftragen, zumindest im Bereich der Grundlagenvermittlung, Lernmaterialien zu erstellen, die frei lizenziert werden sollen.
17 In der Praxis treten die Hochschulen indes zumeist nicht als Lizenzgeber auf, sondern die Lizenzierung erfolgt durch die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Professorinnen selbst. Im Bereich der auf der Forschung aufbauenden Lehre ist dies – wie ausgeführt – auch rechtlich geboten. Dort, wo eine Lizenzierung durch die Hochschule möglich wäre – bei inhaltlich klar umgrenzten, auf Anweisung erstellten Lernmaterialien zu Grundwissen – erfolgt es nicht, weil die Mitarbeiterinnen oftmals durch andere Aufgaben bereits ausgelastet sind und deshalb die Erstellung von Lehrmaterialien im Rahmen von Arbeitsverhältnissen meist nicht erfolgt.
III. Lizenzgeber an Schulen
18 Auch Lehrkräfte an Schulen können Lernmaterialien herstellen, ggf. angepasst auf eine bestimmte Klasse, einen bestimmten Kurs oder eine bestimmte Situation, und diese Materialien unter eine freie Lizenz stellen, um anderen die Nutzung dieser Materialien zu ermöglichen.
19 Im Bereich der Schule kann dies an eine lange Tradition der kollegialen Zusammenarbeit anknüpfen. Auch vor der Digitalisierung war es üblich, dass Lehrkräfte ihre Handouts oder Aufgabenzettel anderen Lehrkräften zur Verfügung gestellt haben, damit diese die Materialien ebenfalls – gegebenenfalls nach entsprechender Veränderung – für ihren Unterricht nutzen können.
20 In der digitalen Welt der Online-Verfügbarkeit ist dies nun nicht mehr auf den überschaubaren Bereich des Lehrerzimmers beschränkt. Um gleichwohl eine Nutzung von Materialien auch durch andere zu ermöglichen, wird die Creative Commons-Lizenzierung genutzt.
21 In der Praxis stellt sich häufig die Frage, wer denn Bildungsmaterial überhaupt lizenzieren darf. Grund dafür ist, dass nach den Grundsätzen des Arbeitnehmerurheberrechts (VorCCPL 43 ff.) unter Umständen die Nutzungsrechte für Materialien, die von Lehrkräften an Schulen oder von Mitarbeiterinnen anderer Bildungseinrichtungen entstanden sind, auf den Arbeitgeber übergegangen sind und sie mithin nicht mehr selbst frei darüber verfügen können.
22 Zunächst ist zu differenzieren:
1. Lehrer als Lizenzgeber
23 Wenn Lehrerinnen oder Mitarbeiter von Bildungseinrichtungen Bildungsmaterialien außerhalb ihrer Arbeitszeit erstellen, sind sie selbst frei darin, wie sie diese lizenzieren. Sie dürfen also nach eigenem Belieben CC-Lizenzen vergeben. Dies wird vielfach der Fall sein, weil die zeitliche Belastung von Lehrerinnen für Unterricht und dessen Vor- und Nachbereitung häufig keinen Raum für die Erstellung von allgemeinen Lernmaterialien lässt.
2. Arbeitgeber (Schulen bzw. Land) als Lizenzgeber
24 Anders ist es jedoch, wenn die Anfertigung entsprechender urheberrechtlich geschützter Materialien zu den arbeitsvertraglich vereinbarten Aufgaben der Lehrkraft oder der Mitarbeiterin gehört. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Lehrkraft ausdrücklich für die Erstellung von Bildungsmaterialien freigestellt wird.
3. Abgrenzungsschwierigkeiten
25 Es gibt jedoch auch Grenzbereiche, bei denen nicht klar ist, ob die Erstellung von Materialien noch zu den arbeitsvertraglichen Pflichten gehört. Dies gilt insbesondere dann, wenn im Rahmen von schulbegleitenden Aktivitäten Materialien entstehen, beispielsweise in freiwilligen Arbeitsgemeinschaften, oder wenn die Materialien nicht für oder im, sondern lediglich anlässlich des Unterrichts angefertigt werden. Um das konkret zu machen: Ein Lehrer unterrichtet Literatur, und die interessanten Diskussionen im Unterricht zu „Homo Faber“ von Max Frisch inspirieren ihn dazu, hierüber Arbeitsmaterialien zu produzieren, obwohl er die für die konkrete Unterrichtseinheit gar nicht (mehr) braucht.
26 Dazu kommen Unsicherheiten darüber, in welchem Umfang Nutzungsrechte übertragen werden. § 43 UrhG verweist auf die Besonderheiten des jeweiligen Arbeits- beziehungsweise Dienstverhältnisses, insofern sind generelle Aussagen hierzu schwer möglich. Außerdem kommt hinzu, dass Dienstverträge von Lehrkräften nur in den seltensten Fällen die Nutzungsrechte ausdrücklich regeln.
27 Sofern die Nutzungsrechte bereits – zumindest teilweise – an die Arbeitgeberin übergegangen sind, kann die Lehrkraft oft nicht mehr eigenständig frei lizenzieren. Denn wer keine Nutzungsrechte mehr hat, weil sie in ausschließlicher Form an den Vertragspartner – hier: die Arbeitgeberin – übergegangen sind, kann anderen diese Rechte nicht mehr einräumen.
4. Rückübertragung, Umgang mit Unsicherheiten
28 Sind Nutzungsrechte auf den Arbeitgeber übergegangen, sollten diese wieder zurückübertragen werden, damit die Lehrkraft lizenzieren kann. Dieses Prozedere bringt im Bildungsbereich weitere Unsicherheiten mit sich. Es stellt sich die Frage, wer für diese Rückübertragung der Rechte zuständig ist. Arbeitgeber von Lehrkräften ist häufig nicht die Schule oder die Bildungseinrichtung, sondern das jeweilige Bundesland oder eine Trägerinstitution (beispielsweise eine kirchliche Schulstiftung). Angesichts der Mannigfaltigkeit der hier existierenden unterschiedlichen Konstellationen lassen sich keine generellen Aussagen darüber treffen, ob nun die Schulen oder Bildungseinrichtungen ermächtigt sind, die für die freie Lizenzierung notwendige Rückübertragung von Nutzungsrechten vorzunehmen oder ob dies durch das Land bzw. den Schulträger erfolgen muss. Diese Unsicherheit sollte jedoch nicht zu Lasten der jeweiligen Lehrkraft gehen, die frei lizenzieren will. Vielmehr sollte die jeweilige Schule dies mit der Körperschaft klären, bei der die Lehrkraft angestellt ist.
29 Im Zuge einer schulweiten oder anderweitig übergreifenden Regelung für freies Lizenzieren von Bildungsmaterialien ist es auch zielführend zu regeln, welche Namen in den Lizenzhinweisen als Quellen beziehungsweise Mit-/Urheberin stehen sollen. Häufig gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, ob neben dem Namen der Lehrerin auch der Name der Bildungseinrichtung genannt werden soll – hier bewährt sich eine klare Festlegung.
30 Der Lehrer sollte sich durch die Schule folgendes bestätigen lassen:
Die Schule/Bildungseinrichtung begrüßt, dass Herr/Frau (Name) Bildungsmaterialien als Open Educational Ressources unter einer CC BY 4.0 Lizenz veröffentlicht (der genaue Lizenztext steht unter https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode.de) oder CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode.de) beziehungsweise CC0 (https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de). Die Namensnennung erfolgt in folgender Weise: Name der Bildungseinrichtung/Name der Lehrkraft. Soweit dies dafür notwendig ist, werden ihr die Nutzungsrechte an den von ihr erstellten Materialien, die aufgrund ihres Arbeitsvertrags auf den Arbeitgeber übergegangen sind, rückübertragen. Die Schule/Bildungseinrichtung nimmt diese Rückübertragung in Abstimmung mit und mit Vollmacht durch das Land/den Schulträger als Arbeitgeber vor.
Liegt eine solche Bescheinigung vor, bedarf es für die freie Lizenzierung auch keiner genauen Klärung mehr, ob und welche Rechte wann an die Arbeitgeberin übergegangen sind.
5. Verbindliche OER-Policy
31 Denkbar ist auch, dass sich die Schule – mit Zustimmung des Landes beziehungsweise des Schulträgers – mit allen Lehrkräften auf eine gemeinsame Policy für die Lizenzierung einigt. Dann müssten sich alle Lehrkräfte und andere Mitarbeitende in einer Vereinbarung mit der Schule verpflichten, im Rahmen der jeweiligen Bildungsarbeit entstandene Materialien unter die entsprechende Lizenz zu stellen. Auch dabei sollte man sich auf die konkrete Form der Namensnennung einigen.
32 In dieser Vereinbarung sollten sich die Beteiligten wechselseitig ermächtigen, eigenständig einen entsprechenden Lizenzhinweis an Materialien anzubringen. Dies ist praktisch, da es häufig vom Zufall abhängt, ob die Veröffentlichung von Inhalten durch die Lehrkraft oder durch die Schule erfolgt.
33 Beispiel für eine Vereinbarung zwischen Schule und Lehrerin:
Materialien, die in der Schule (Name)/im Rahmen des Projektes (Name) entstehen, werden unter eine CC BY 4.0-Lizenz gestellt. Das heißt, die Materialien können von jedermann genutzt werden, sofern sie einen Lizenzhinweis und den Namen des Rechteinhabers enthalten. Die Einzelheiten der Lizenz sind in der Anlage und online abrufbar unter http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/de/legalcode. Der Lizenzhinweis soll mit folgender Namensnennung verbunden sein:
CC BY 4.0, Name der Schule, oder
CC BY 4.0, Name der Schule – Vorname des Lehrers/der Lehrerin, oder
CC BY 4.0, Name der Schule – Vorname und Nachname des Lehrers/der Lehrerin
Der Lizenzhinweis muss darüber hinaus einen Verweis bzw. Link auf den vollständigen Lizenztext, die URL der Online-Veröffentlichung sowie ggf. einen Titel des Werkes enthalten, sofern ein solcher festgelegt wurde.
Die Schule und die Lehrer ermächtigen sich wechselseitig, die Lizenzierung vorzunehmen und übertragen einander die hierfür notwendigen umfassenden, zeitlich und räumlich unbeschränkten Nutzungsrechte.
6. Generelle Möglichkeit, OER zu schaffen
34 Ungeachtet der beschriebenen Abgrenzungsschwierigkeiten muss jedoch betont werden, dass sowohl Schulen als auch Lehrkräfte OER erstellen können, wenn sie dies wollen. Schulen haben die Möglichkeit, Lehrer anzuweisen und auch dafür freizustellen, Lernmaterialien zu erstellen und können diese dann frei lizenzieren und als OER veröffentlichen.
35 Auch Lehrkräfte haben die Möglichkeit, Creative Commons-Lizenzen zu vergeben und damit OER zu schaffen – nämlich überall dort, wo sie nicht klar auf Anweisung der Schule Werke schaffen.
36 Es ist im Interesse sowohl der Schulen als auch der Lehrkräfte, klar zu definieren, ob Lehrmaterialien im Auftrag der Schule erstellt werden (und die Lehrkraft dafür freigestellt wird) oder nicht. Hinsichtlich der Motivation, frei lizenzierte Lehr- und Lernmaterialien als OER zur Verfügung zu stellen, hat sich neben der rechtlichen Herausforderung immer wieder gezeigt, dass vor allem fehlende Kapazitäten eine große Hürde darstellen.
C. Inkorporierte Werke Dritter
37 Bildungsmaterialien stehen vielfach nicht isoliert für sich, sondern beziehen sich auf andere Inhalte und integrieren daher auch regelmäßig die Werke Dritter. Hier entsteht die im Einzelfall gerade für Laien nicht immer leicht überschaubare Situation, dass sich die Lizenzierung zwar auf die eigenen Werke bezieht, nicht aber auf die inkludierten Werke Dritter, deren Nutzung jedoch aufgrund einer gesetzlichen Erlaubnis zulässig ist. Erschwerend kommt hinzu, dass einige gesetzliche Erlaubnisse nur die Nutzung in bestimmten Konstellationen erlauben. Beispielsweise erlaubt § 60a Abs. 1 Nr. 1 UrhG die Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials nur für Lehrende und Teilnehmer der jeweiligen Lehrveranstaltung. Inkludiert ein Autor beispielsweise eine Abbildung auf der Grundlage dieser Norm in Bildungsmaterialien, so ist eine freie Nutzung außerhalb in anderen Zusammenhängen nicht erlaubt. Das steht einer Verfügbarmachung als OER entgegen. Auch die quantitative Beschränkung sowie die Privilegierung zu ausschließlich nicht-kommerziellen Zwecken können im Einzelfall ein Hindernis für die Bereitstellung von OER sein.
38 Wichtig ist, dass bei der Lizenzierung inkorporierte Inhalte Dritter klar gekennzeichnet werden und damit auch klar wird, worauf sich die Lizenzierung bezieht und worauf sie sich nicht bezieht.
D. Lizenzauswahl
39 Schon zu Beginn der Digitalisierung wurde offensichtlich, dass es sinnvoll ist, für den Bildungsbereich Lizenzen zu vergeben, die eine weitergehende Nutzung von Materialien ermöglichen, als dies ohne Lizenz urheberrechtlich zulässig gewesen wäre. Ein Beispiel für das Bestreben, in Deutschland dafür Werkzeuge bereitzustellen, ist die Lizenz für die nicht-kommerzielle Nutzung von Inhalten an Schulen und Hochschulen (MuSofT).
40 Denn auch im Bildungsbereich – genau wie in der Wissenschaft – haben sich die CC-Lizenzen inzwischen als Standard durchgesetzt. Dabei gelten die Lizenzvarianten CC BY und CC BY-SA sowie die Freigabeerklärung CC0 als vereinbar mit dem Konzept von OER.
41 Für das Modul NC gilt dies nicht. Gerade im Bildungsbereich gibt es neben öffentlichen auch zahlreiche kommerzielle Anbieter. Die Abgrenzung ist nicht nur schwierig, sondern führt auch zu unerwünschten Ergebnissen. Vor allem besteht die Gefahr, dass aufgrund solcher Abgrenzungsschwierigkeiten die Nutzung auch in Fällen unterbleibt, in denen sie sogar rechtlich zulässig wäre (zu NC im Bildungsbereich siehe Abschnitt 1.i Rn. 92 ff.).
42 Das Modul ND gilt ebenfalls als nicht vereinbar mit OER, weil gerade die leichte Anpassung von Bildungsmaterialien an die konkrete Lernkonstellation als wichtiger Vorteil elektronischer Bildungsmaterialien gesehen wird und diese Möglichkeit zu den Kerngedanken von OER gehört.
E. Haftungsrisiken
43 Wenn Lehrende OER für ihre Bildungsinstitution erstellen, besteht für sie persönlich kein besonders hohes Haftungsrisiko. Zwar ist möglich, dass sie – insbesondere bei der Inkorporation von Fremdinhalten durch Überschreiten der bestehenden gesetzlichen Befugnisse (siehe oben) – Urheberrechtsverletzungen begehen. Allerdings richtet sich ein Haftungsanspruch dann regelmäßig zunächst gegen die Bildungseinrichtung (z. B. Hochschule) als Anstellungskörperschaft (Amtshaftungsanspruch nach §§ 97 ff. UrhG i.V.m. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG). Nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Rechtsverletzung besteht jedoch ein Regressanspruch der Bildungseinrichtung (z. B. Hochschule) gegen die Lehrende als Lizenzgeber und Rechtsverletzerin, der zudem nicht ausgeschlossen bzw. im Vorhinein der Höhe nach begrenzt werden kann.
44 Anders verhält es sich hingegen bei Materialien, die unabhängig von der jeweiligen Bildungseinrichtung erstellt werden. Wenn es hierbei zu Urheberrechtsverletzungen kommt, haftet der Lehrende direkt. Zur Minimierung von Haftungsrisiken ist es also durchaus geboten, OER in einem institutionellen Rahmen herzustellen.
F. Informationsangebote
45 Aus zahlreichen öffentlich geförderten Projekten auf Landes- und Bundesebene ist ein Geflecht an Informationsangeboten zu OER in den verschiedenen Bildungsbereichen entstanden:
46 Zunächst ist die zentrale Informationsplattform OER.info zu nennen, die – getragen vom Deutschen Institut für pädagogische Forschung und gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung – zahlreiche Materialien und Angebote zu OER bereithält: https://open-educational-resources.de/
47 Daneben gibt es noch spezifische Informationsangebote für die verschiedenen Bildungsbereiche. Dies sind für
OER in der Schule das FWU Medieninstitut der Länder,
OER in der Hochschule das Learning Lab der Universität Duisburg-Essen,
OER in der Berufsbildung das Bundesinstitut für Berufsbildung BIBB und für
OER in der Weiterbildung das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung DIE.
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Open Access Kommentar, Kommentierung zu C. Bildung (OER) ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.